Deutschland hat ein Problem in der Altfahrzeugentsorgung. Nur jedes fünfte schrottreife Auto wird tatsächlich fachgerecht hierzulande zerlegt und entsorgt. Das heißt, 80 Prozent der Pkw verschwinden auf dem Graumarkt und werden zum Beispiel in Länder exportiert, in denen es keine gesetzlich vorgeschriebene Verwertung gibt. So gehen der Recyclingbranche und damit der Automobilindustrie Unmengen an Rohstoffen verloren. Das schadet nicht nur der hiesigen Wirtschaft, sondern auch dem globalen Ressourcenschutz. Schließlich müssen für die Produktion von Neufahrzeugen Primärrohstoffe teuer eingekauft werden, deren Abbau zudem Klima und Umwelt belastet. Es gibt also gute Gründe, die Ist-Situation in Sachen Altautoverwertung nicht einfach als gegeben hinzunehmen, sondern aktiv Lösungskonzepte zu erarbeiten. TSR hat sich dieser Aufgabe angenommen und zusammen mit der Scholz Recycling GmbH das Forschungsprojekt Altautoverwertung ins Leben gerufen bzw. hierzu eine Studie in Auftrag gegeben.
Erstellt wurde die Studie 2018 von der Prognos AG sowie vom Institut für die Zukunft der Industriegesellschaften (INZIN) von Prof. Dr. Martin Faulstich
Zielsetzung der Untersuchung
Stoffstromanalyse
Quantifizierung der Anzahl zukünftig zu verwertender Fahrzeuge sowie der darin verbauten Materialarten und -mengen
Handlungsempfehlung
Analyse der politischen Rahmenbedingungen und Skizzierung eines geeigneten Instruments zur Verbesserung der Marktbedingungen für die deutsche Recyclingindustrie
Auch wenn das Problem der mangelnden Verwertungszuführung von Altautos schon länger bekannt ist, gab es bis dato keine validen Daten dazu, um welche Wertstoffmengen es sich genau handelt. Eine Aufgabe der Studie bestand also darin, Karossen hinsichtlich ihrer Bestandteile zu analysieren. Und das perspektivisch – sprich mit Blick auf die Fahrzeuge, die heute gebaut werden und dann in zehn oder mehr Jahren in die Verwertung gehen. Dabei ist unter anderem herausgekommen, dass sich die Materialzusammensetzung der Schrott-Pkw bis 2030 signifikant verändert. Modelle, die im Jahr 2000 verwertet wurden, bestanden noch zu über 70 Prozent aus Stahl. Bei Altfahrzeugen von 2030 sinkt der Wert auf nur noch rund 55 Prozent. Im Gegenzug erhöht sich der Anteil von über 50 verschiedenen Kunststoffen und Kunststoffverbunden von 15 auf nahezu 30 Prozent. Es kommen also große Herausforderungen aufs Recycling von Schrottkarossen zu. Das wird die Einhaltung gesetzlicher Verwertungsquoten weiter erschweren.
Laden Sie hier die komplette Studie zur Verwertung von Altfahrzeugen als PDF herunter
Durchschnittliche Zusammensetzung von Schrottfahrzeugen (2000/2030)
Schrottautos des Jahres 2030 enthalten rund 5,2 Millionen Tonnen Rohstoffe. Bei der heutigen Verwertungsquote werden davon hierzulande nur 1,1 Millionen Tonnen aufbereitet.
Die enormen Werte, die in Altfahrzeugen schlummern, machen eine Verbesserung der Verwertungsquote umso notwendiger. Was einen wieder zurück zur Frage bringt, warum in Deutschland nur so wenige abgemeldete Autos tatsächlich fachgerecht zerlegt werden. Als Grund hat die Studie hier die mangelnde Lenkungsfunktion der aktuell geltenden Praxis ausgemacht. Zwar sind Letztbesitzer verpflichtet, im Fall einer dauerhaften Pkw-Stilllegung einen Verwertungsnachweis zu erbringen. In der Realität sieht es aber oft so aus, dass Aufkäufer Schrottfahrzeuge annehmen und so selbst zum Fahrzeugbesitzer werden. Der eigentliche Besitzer des Fahrzeugs ist damit aus der Verantwortung genommen. Es fehlt eine lückenlose Nachverfolgung des Verbleibs aller Fahrzeuge von der Erstanmeldung bis zur Verschrottung.
Der Lösungsvorschlag von TSR und Scholz Recycling: Deutschland benötigt eine fachgerechte Altautoverwertung aus der Industrie heraus, an der vom Automobilhersteller bis zum Verwerter alle beteiligt sind. Sicherstellen ließe sich diese zum Beispiel durch einen fixen Entsorgungsbeitrag, der auf jeden Neuwagen aufgeschlagen und von einer zentralen Organisationsstelle Altautoverwertung verwaltet wird. Anders als zuvor hätte der Verwertungsnachweis in diesem System eine echte Regulierungsfunktion. Fehlt ein Verwertungsnachweis verschenkt der Letztbesitzer bares Geld. Auch für Verwerter wird der Anreiz zum Recycling erhöht. Nur bei Nachweis einer fachgerechten Verwertung lassen sich etwaige Gutschriften oder Auszahlungen an den Letzteigentümer verrechnen.
Die Vorteile der zentralen Organisationsstelle Altautoverwertung
Entlastung der staatlichen Bürokratie
Einbindung der Automobilindustrie im Sinne der Produzentenverantwortung
Beteiligung der Verwerter
Verwaltung der Mittel im Sinne der Industrie
Kein Aufbau zusätzlicher staatlicher Bürokratie
„Die Zahlen der Studie sind alarmierend und machen deutlich, dass Deutschland als rohstoffarmes Land bei der Verwertung seiner Altfahrzeuge eine Lösung mit Lenkungswirkung braucht.“
Bernd Fleschenberg, Geschäftsführer TSR Recycling
Von außen lenken und regulieren ist nur ein Teil der Lösung. Ebenso entscheidend ist, dass die Automobilindustrie Produkte vom Ende her denkt und Fahrzeuge so konzipiert, dass ihre Bestandteile optimal separiert und recycelt werden können. Leisten muss das die Automobilbranche nicht alleine. Erstrebenswert ist ein enger Austausch zwischen Fahrzeugherstellern und der Recyclingbranche, um so im Sinne des Wertstofferhalts bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. „Ziel muss es sein, uns als Recyclingbranche in den Entwicklungsprozess miteinzubinden, so dass Altfahrzeugrecycling von Anfang an mitgedacht und der Rohstoffkreislauf unter dem Gesichtspunkt der Circle Economy effektiv geschlossen werden kann“, so TSR-Geschäftsführer Bernd Fleschenberg.
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